Wem gehört mein Wissen?

Stellen Sie sich vor, Sie schlagen morgens die Zeitung auf und lesen einen Bericht über ein pfiffiges Projekt in Ihrer Stadt, das am vergangenen Samstag mit der Wunderkind-Medaille™ ausgezeichnet wurde. Es gab einen Empfang mit den üblichen Würdenträgern, eine leidenschaftliche Laudatio und einen strahlenden Preisträger. So weit, so schön aber je länger Sie lesen, desto unschöner finden Sie das Ganze. Das Projekt kennen Sie, Sie kennen es sogar besser als der Preisträger. Sie selbst haben das Konzept vor Monaten ins Netz gestellt. Ein typischer Anfängerfehler von „Digital Naives“.

Ich gebe zu, mein Beispiel ist konstruiert und möglicherweise sind es ganz andere Gründe, die den einen oder anderen davon abhalten, sein Wissen im Netz zu teilen. Der Frage nach den echten Gründen ist Dr. Ilona Buchem in ihrem Seminar „Web 2.0 und die Gesellschaft“ nachgegangen und hat darüber gebloggt.

Frau Dr. Buchem hat vier Begründungsmuster kategorisiert und in zweien davon habe ich mich – zumindest teilweise – wiedererkannt.

Grund 1: „Meine Arbeit teile ich nicht!“

Seit einiger Zeit liegt auf meiner Festplatte ein Konzept mit dem Titel „Fit for Future“. Es ist ein Blended- Learning-Konzept, das ich als Abschlußarbeit im Zertifikatskurs Educational Media erstellt habe. Ich bin der Ansicht, ich habe gute Arbeit geleistet. Was hält mich also davon ab, die Arbeit mit anderen zu teilen?

Nun, möglicherweise kopiert ein anderer meine Arbeit und verkauft sie als eigene. Doch selbst wenn, wo liegt mein Schaden? So sehr ich es auch drehe und wende, einen echten Schaden kann ich nicht erkennen. Geht mein Wissen verloren, verliert es für mich an Wert, ist es so einzigartig, dass ich es nur gegen ein Vermögen tauschen könnte? Wohl nichts von alledem! Ich vertraue also lieber darauf, dass Andere meine CC-Lizenz respektieren und lasse mich auf den Versuch ein.

Immerhin besteht die Möglichkeit, dass sich durch die Veröffentlichung Chancen ergäben. Austausch mit jenen, die sich für ähnliche Themen interessieren, beispielsweise. Oder es greift jemand meine Ideen auf und entwickelt sie weiter. Ich würde mich darüber freuen, wäre stolz darauf.

Grund 2: „Meine Arbeit ist nicht gut/relevant genug zur Veröffentlichung.“

Frau Dr. Buchem fragt dazu in ihrem Blog:

Bedeutet diese Aussage, dass Studierenden andere Maßstäbe nutzen, wenn sie die Arbeit an eine/-n Dozenten/Dozentin (also in einem geschlossenen Raum als eine Art „Trockenübung“) abgeben als wenn sie diese der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen würden?

Ich denke, die Qualität wäre die gleiche. Aus meiner Sicht ist die Erwartungshaltung eine andere. In einer Lehrveranstaltung kann ich mit einer grundsätzlich wertschätzenden Haltung der Beteiligten rechnen. Exponiere ich mich hingegen im Netz muss ich auch mit anderen Reaktionen rechnen. Sich aktiv im Web 2.0 zu beteiligen, heißt in jedem Fall Unsicherheiten auszuhalten. Ohne zu wissen, was man dafür bekommt.

Weil bei mir die Neugier überwiegt, tendiere ich dazu Unsicherheiten in Kauf zu nehmen. Und weil ich den möglichen Gewinn höher einschätze als die sehr theoretischen Verluste scheint mir die einzig logische Antwort auf meine Frage aus der Überschrift: „Was einmal gedruckt ist, gehört der ganzen Welt.“

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