Fünf Dinge, die ich wirklich nicht mehr sehen will

Manchmal weiß ich nicht was mich mehr ärgert. Die pauschale Verunglimpfung von E-Learning oder schlechte Beispiele aus der E-Learning-Praxis? Sätze wie dieser:

Emoticon "Entsetzen"
„Ich halte wenig von eLearning.  Ich bin der Überzeugung, dass es nichts Sinnvolleres gibt, als „vor Ort“ gehen.“

 

 

treiben mir zwar kurzfristig den Blutdruck in die Höhe aber es ist eben eine Ansicht. Man kann sie diskutieren und notfalls sogar stehen lassen.

Es gibt aber Dinge, die sind indiskutabel. Weil es keinen vernünftigen Grund dafür gibt, E-Learning so zu gestalten. Weil es dazu beiträgt, dass Vorurteile über mediengestütztes Lernen sich halten. Und weil damit die Lernenden verärgert, gelangweilt und demotiviert werden.

Einfältiges Design

Screenshot Lernprogramm

Screenshot eines Lernprogramms

Grauer Hintergrund, klobige Buttons und Icons, alles aus der Zeit als das Internet noch ARPA hieß und das Telefon per Kabel fest mit der Wand verbunden war. Wem nichts besseres einfällt, als dieses Design, zeigt, dass ihm die Inhalte und die Zielgruppe eigentlich egal sind. Wieso sollten die Lerner sich dann aber für die Inhalte interessieren?

Das visuelle Konzept ist meines Erachtens neben dem didaktischen Design der wichtigste Faktor, um Motivation beim E-Learning zu fördern und aufrecht zu erhalten. Es gibt faszinierende Beispiele für gutes Design. Nicht nur Tom Kuhlmann liefert wöchentlich neue Anregungen, auch Frank Thissen und viele andere zeigen seit Jahren, wie man Informationen zielgruppen- und mediengerecht aufbereiten kann. Es gibt wirklich keinen Grund mehr für langweiliges, einfallsloses Design.

Vorgetäuschte Interaktivität

„Klicken Sie auf weiter, um mehr zu erfahren.“ Solche Aufforderungen sind aus meiner Sicht eine Beleidigung der Lerner oder deren Intelligenz. Mit Interaktion hat es jedenfalls nichts zu tun. Ebenso wie sinnlose Animationen, die nur die Zeit der Lernenden stehlen sowie nichtssagendes Feedback. Es ist arrogant zu glauben, die Nutzer von Lernprogrammen würden solche simplen Tricks nicht erkennen. Im Gegenteil! Sie sind frustriert, genervt und gelangweilt. Geeta Bose hat dazu ein wunderbares Post aus Sicht eines erwachsenen Lerners geschrieben.

Echte Interaktionen unterstützen die Lernenden dabei, ein Problem zu lösen. Zum Beispiel in Szenarien, die Handlungsalternativen enthalten, Entscheidungen erfordern und Funktionen zur Problemlösung zur Verfügung stellen. Das können Links zu weiteren Informationen, Medien oder alternativen Darstellungen sein. Hilfreich sind auch Möglichkeiten zur Kommunikation oder wenigstens ein Feedback, welches den Namen verdient.

Die Lerner zum Quiz spielen auffordern

Ich lerne gerne an praktischen Beispielen und sehe mir deshalb so oft wie möglich an, wie andere Autoren vorgehen. Bevor ich mich mit einem fremden Lernprogramm näher befasse, bearbeite ich die Tests. Ohne die Inhalte zu kennen. Meine Trefferquote liegt meistens zwischen 80 und 90 Prozent. Das ist nicht erstaunlich, weil das Prinzip der Testfragen im allgemeinen den Quizshows im Fernsehen entspricht. Nur einfacher, weil die falschen Antworten einen gewissermaßen anspringen.

Quizfragen animieren dazu dem Spieltrieb frönen aber das kann nicht der Zweck von Fragen in einem Lernprogramm sein. Fragen sollen beim Lernen zur Auseinandersetzung mit den Lerninhalten anregen. Sie sollten dazu auffordern Informationen zu suchen, zu vergleichen, zu bewerten, in einen anderen Zusammenhang zu stellen. Fragen sind viel zu wichtig für den Lernprozess, im besten Fall bilden sie ein Gerüst, das den Lernenden darin unterstützt seine Ziele zu erreichen. Wir sollten sie deshalb nicht für simple Quizspiele vergeuden.

Texte in Lernprogrammen

Büroschlaf

Bildquelle und Copyright „Büroschlaf“: © berlinrob Clipdealer GmbH

Nichts gegen Texte, ich lese leidenschaftlich gerne und täglich mehrere Stunden. Aber nicht, wenn Text in das Format einer PowerPoint-Folie gepresst wird. Das Ergebnis sind entweder unbefriedigende Verkürzungen der Inhalte oder langweilige Blättermaschinen.

Menschen lesen Blogs, Online-Zeitungen und PDF-Dokumente. Alles Medien, die hervorragend geeignet sind, auch umfangreichere Texte online zur Verfügung zu stellen. Warum also kann man Texte nicht verlinken? Was ist interaktiver als ein Link und was bietet sich mediendidaktisch eher an als Text auf einem Textmedium? Zum Lernen braucht man in einigen Fällen längere Texte aber bitte auf einem geeigneten Medium.

Lerninhalte als „Hörspiel“

In die Kategorie „falsches Medium“ gehören für mich auch längere Texte, die als Audio angeboten werden. Es gehört zu den unstrittigen Vorteilen von E-Learning-Angeboten, dass die Lerner ihr Lerntempo selbst bestimmen können. Der unbedachte Einsatz von Audios für komplexere Lerninhalte nimmt dem Lerner genau diese Möglichkeit.

Wenn ich einen Text lese, kann ich problemlos an einer Stelle verweilen. Weil mich ein bestimmter Aspekt interessiert, weil ich darüber nachdenken möchte oder weil ich ein Verständnisproblem habe. Ein Audio, in dem mir beispielsweise Vorschriften und Regeln vorgelesen werden, legt sich wie Watte um mein Hirn.

Ich bin nicht grundsätzlich gegen den Einsatz von Audios. Sie haben ihre Berechtigung, zum Beispiel wenn ein gezeigter Ablauf oder eine Grafik erläutert werden. Beispielsweise in Softwaretrainings. In vielen anderen Fällen sind sie einfach ärgerlich. Ärgerlich für die Lernenden, weil nutzlos und anstrengend. Ärgerlich für den Auftraggeber, weil teuer in der Produktion und Überarbeitung.

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